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Tinnitus und Selbsterforschung

Ich habe gerade ihr Buch „Ich-wer-ist-das“ gelesen. Auch das Onlineseminar ließ ich mir nicht nehmen. Vieles habe ich sehr gut verinnerlicht und prägt mich nun auf eine neue Weise. Sie haben unbedingt recht, wenn sie sagen, dass die Resignation der Schlüssel ist. Ich habe dies selbst schon erlebt und bin daher überzeugt von dieser These. Was mich jedoch gewundert hat, ist der Umstand, dass sie trotzdem ihren Tinnitus ansprechen und als sehr störend empfinden. Denn Tinnitus ist ein Stresssymptom und sollte, wenn man seinen inneren Frieden gefunden hat, nicht mehr an der Tagesordnung stehen. Denn es ist ja ein rein körperliches Merkmal. Oder täusche ich mich da?


Pf: Herzlichen Dank für Ihr positives Feedback zu dem Buch bzw. Seminar! Es freut mich sehr, dass Sie sich davon angesprochen fühlen.


Ich habe das Thema Tinnitus in das Buch aufgenommen, weil es eine wunderbare Analogie bietet, die sich verallgemeinern lässt. Es ging mir hier weniger um meine eigenen Erfahrungen mit Tinnitus. Mein Tinnitus entstand vor vielen Jahren nach einer schweren Mittelohrentzündung. Mir geht es damit wie vielen anderen Betroffenen. Mittlerweile nehme ich ihn kaum mehr wahr, er stört mich auch nicht mehr und wirkt eher in positiver Weise wie ein Regulativ. Ob sich hierbei auch die Selbsterforschung lindernd ausgewirkt hat, kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Sie haben aber sicher recht damit, dass sich die Beschäftigung mit der eigenen Natur als unbegrenztes Bewusstsein heilsam auf stressbedingte Leiden auswirken kann. Schließlich werden viele körperliche Spannungen, ja im Grunde alles psychologische Leid, durch die falsche Vorstellung von Trennung ausgelöst. Mit der Relativierung dieser Vorstellung sollte auch das damit verbundene Leid nachlassen.  


Trotzdem bin ich sehr vorsichtig mit solchen Aussagen. Sie schüren unter Umständen unrealistische und kontraproduktive Erwartungen. Viele Krankheiten und Schmerzen sind schließlich eine Folge körperlicher Mängel, die nichts mit irgendeiner persönlichen Haltung zu tun haben und davon auch kaum beeinflusst werden können. Und auch körperliche Spannungen und krankmachende Gewohnheiten, die ursprünglich auf ein falsches und unglückliches Selbstbild zurückgehen, lösen sich nicht sofort auf, wenn die Ursache beseitigt ist. Man kann also nicht ein körperliches Gebrechen als Beweis für ein mangelhaftes Verständnis der eigenen Natur anführen. Zumal es hier nichts zu beweisen gibt. Der Versuch wäre ja schon wieder ein Abbild der alten leistungsbezogenen und stressverursachenden Haltung…


Aber um nochmal auf Tinnitus zurückzukommen: Sie haben natürlich vollkommen recht, wenn Sie den Tinnitus als rein körperliches Symptom beschreiben. Er ist eine vorübergehende Wahrnehmung wie alle anderen Wahrnehmungen auch. Ich empfinde es als zutiefst wohltuend und zufriedenstellend, mich als die ungegenständliche bewusste Offenheit zu verstehen, die sich nicht auf einzelne Phänomene begrenzen lässt. Ob ein Tinnitus oder Schmerz stört oder nicht, ist dann gar nicht mehr so wichtig.

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