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Die Welt als DVD

Hallo Herr Pfrommer,

 

ich muss es einfach nochmal loswerden: selbst wenn manche Rezensenten es teilweise anders sehen, ich komme immer wieder auf ihr Buch zurück, weil ich es für das beste halte, was es zum Thema Nondualität gibt.

 

Ich habe gewiss vieles zu dieser Thematik gelesen, (kenne auch Tony Parsons persönlich); trotzdem, in dieser zusammenfassenden Schlüssigkeit, finde ich nichts Vergleichbares.

 

Bleibt noch die Frage, ob Sie an eine "Ergänzung" zu diesem Buch arbeiten. Dabei spüre ich, dass diese Frage eigentlich überflüssig erscheint, denn es ist ja eigentlich schon alles gesagt (zu dieser Thematik). Noch etwas würde mich interessieren: wie haben Sie das realisiert, von Ihrer Profession her, haben Sie sich doch hauptsächlich mit ganz anderen Fragen auseinander gesetzt?

 


Lieber ...,

 

wie Sie richtig bemerkt haben, habe ich für das Buch auch einige Prügel einstecken müssen. Umso mehr freue ich mich über Ihre aufmunternden Worte. Herzlichen Dank dafür! Wollen Sie nicht eine kleine Rezension schreiben… ?

 

Es ist immer schwer zu erklären, wie man persönlich zu einem bestimmten Thema bzw. zu bestimmten Erkenntnissen gekommen ist. Wichtig für mich war sicher die langjährige Auseinandersetzung mit mir selbst und meinen Ich-Blockaden auf der Theaterbühne (klingt auch im Buch an). Später habe ich dann, wie Sie wohl auch, viele spirituelle Bücher gewälzt, wobei sich mein kritischer und naturwissenschaftlich geprägter Verstand an zahlreichen unhaltbaren Darstellungen solange abgearbeitet hat bis sich irgendwann eine gewisse Klarheit eingestellt hat. Andererseits liegt die Auseinandersetzung mit Fragen von Wahrnehmung und Bewusstsein nicht weit weg von meinem täglichen Lehrgebiet, das sich um die verschiedenen Umwelteinflüsse auf den Menschen dreht.

 

Mittlerweile bin ich zu der Überzeugung gekommen, dass sich Fragen zur Nicht-Dualität experimentell ähnlich erschließen lassen wie klassische wissenschaftliche Versuche. Schließlich haben wir alle die Welt niemals anders wahrgenommen als nicht-dual. Wissenschaft und Spiritualität konvergieren in gewisser Weise. In den letzten Jahren habe ich daher versucht das Thema auch an der Hochschule in Seminarform zu behandeln, was bisher ganz gut funktioniert hat. Möglicherweise entwickle ich aus den Experimenten und Betrachtungen der Seminare irgendwann eine neue Veröffentlichung. Das ist aber noch nicht ganz sicher. Gerne lass ich Sie wissen, wenn etwas Neues entstanden ist.

 

Nochmals vielen Dank für Ihr Interesse und Ihr nettes Mail!

 

Liebe Grüße aus Coburg


Lieber Herr Pfrommer,

 

 immer wieder greife ich zu Ihrem Buch, arbeite mich beinahe ab an Ihren Darstellungen zur Ichlosigkeit und Nichtdualität. 

 

Bei den Themen Kausalität und Determinismus habe ich Schwierigkeiten, für mich eine schlüssige Antwort zu finden. Auf Seite 108 schreiben Sie: "Alles war, ist und wird immer so sein, wie es eben war, ist und sein wird." Aber auch: "Es gibt keine Vorbestimmung. Der Automatismus entsteht in jeder Situation neu."

 

Jedoch schon Einstein betonte, dass es keine Zeit gibt, Zeit sei eine Illusion. Wenn es also keine Zeit gibt, dann ist doch - nach meinem Verständnis - alles schon da: Vergangenheit-Gegenwart-Zukunft. Somit ist die Zukunft bereits festgelegt, vorbestimmt. Ähnlich einer DVD, auf alles bereits aufgenommen ist. Wir wissen, was wir schon gehört haben zu einem gegebenen Punkt auf der DVD; was noch kommt, kennen wir (noch) nicht, ist aber bereits "vorhanden", also festgelegt. 

 

Hätten Sie Lust, Ihre Sicht dazu mit mir zu kommunizieren? Mich treibt zur Zeit diese Frage ziemlich um und ich finde aus meinem Gedankenkarussell nicht heraus.

 

Ich würde mich über eine Antwort sehr freuen und verbleibe

 

mit herzlichen Grüßen,


Lieber ....,

 

vielen Dank für Ihre Mail und die anregende Frage!

 

Sie haben natürlich Recht. Es gibt keine Zeit. Empirisch gesehen erleben wir immer ein ewiges „jetzt“. Vergangenheit und Zukunft sind nirgendwo auffindbar außer in „jetzigen“ Gedanken. Und alles was wir erleben bildet ein nahtloses Ganzes. Nirgendwo sind echte Grenzen oder Unabhängigkeiten auffindbar. Alles was geschieht, ist also immer ein Ausdruck dieses „Ganzen“ (was immer es auch ist) und niemals eines Teiles davon.

 

Der Vergleich unserer Wirklichkeit mit einer DVD gefällt mir gut, die Metapher ist jedoch, wie alle Metaphern, nur bedingt gültig. Wir stellen uns unter einer DVD ein begrenztes Objekt dar. In Gedanken blicken wir von außen darauf und ordnen der DVD eine abgeschlossene „Raum-Zeit“ zu. Die Realität ist vermutlich nicht so. Wir können nicht von außen auf etwas „Ganzes“ schauen, sonst wäre es nicht „ganz“. Etwas „Ganzes“ kann auch nicht (vor)bestimmt sein. Denn von was könnte es bestimmt sein? Es gibt ja nichts anderes. Genauso wenig kann es in relativer Hinsicht „frei“ sein. Denn von was könnte es frei sein?

 

Unser Problem ist, dass wir versuchen relative Begriffe und Vorstellungen (Vorbestimmung, Freiheit etc.) auf etwas Absolutes („Ganzes“) anzuwenden. Das kann nur schief gehen. Dafür sind sie nicht brauchbar. Wir überschreiten dabei sozusagen den Definitionsbereich unserer Sprache und unserer Vorstellungen, was dann in das von Ihnen beschriebene Gedankenkarussell führt. Der menschliche Verstand ist dazu gemacht das Absolute zu filtern und eine scheinbar relative Perspektive zu entwickeln. Er kann etwas Absolutes niemals erfassen, auch wenn das natürlich etwas unbefriedigend klingt.

 

Die Aussage „Alles war, ist und wird immer so sein, wie es eben war, ist und sein wird“ ist eine Konzession an den Verstand, der in zeitlichen Dimensionen denkt, soll aber eigentlich heißen, dass alles im ewigen „Jetzt“ einfach so ist wie es ist. Etwas anderes lässt sich niemals feststellen.

 

Bei allen Fragen um Schuld und Willensfreiheit wird ein Individuum unterstellt, das schuldig werden kann oder eben auch nicht. Das ist aber nicht der springende Punkt. Entscheidend ist, dass es das Individuum nicht gibt, sondern immer nur das „Ganze“. Es gibt einfach keine Trennung!

 

Hoffentlich helfen Ihnen die Anmerkungen weiter.


Lieber Herr Pfrommer,

 

inzwischen habe ich bei Amazon die Vorankündigung Ihres neuen Buches gesehen und es auch gleich vorbestellt! Ich bin sehr gespannt, wie Sie versuchen Fragen der Nicht-Dualität "experimentell ähnlich zu erschließen wie klassische wissenschaftliche Versuche".

 

Zu unserer Diskussion letztes Jahr über das Phänomen 'Zeit als Illusion' habe ich noch eine Anmerkung: 

 

In Ihrer Replik vom 22.9.17, gehen Sie auf meinen Vergleich mit einer 'DVD' ein und stellen dabei die DVD als ein von außen betrachtetes Objekt dar. "Wir können nicht von außen auf etwas 'Ganzes' schauen, sonst wäre es nicht 'ganz'." Da gehe ich mit Ihnen konform. Meine Metapher mit der DVD zielte jedoch darauf ab, gerade diese als das 'Ganze' - also von innen - zu betrachten, in der Vergangenheit-Gegenwart-Zukunft gewissermaßen aufgehoben sind. Nach meinem Verständnis müsste (theoretisch) somit die Zukunft die Vergangenheit bestimmen können, wie die Vergangenheit die Zukunft. Es ist ja alles schon da. "Es gibt einfach keine Trennung", wie Sie selber betonen. Ich denke in diesem Zusammenhang auch an die Diskussion unter Physikern bezüglich des sog. Blockuniversums.

 

Hätten Sie Lust und Zeit, dieses Thema noch einmal aufzugreifen und mir Ihre Gedanken dazu mitzuteilen? Würde mich sehr freuen.

 


Lieber ...,

 

schön von Ihnen zu hören! Ja klar, das Bild der DVD ist so schlecht nicht. Wie Sie meiner Ansicht nach richtig schreiben, heben sich „von innen betrachtet“ Vergangenheit-Gegenwart-Zukunft auf. Sie schieben sich übereinander. Natürlich könnte man konzeptuell daraus auch schließen, dass die Zukunft die Vergangenheit bestimmt wie die Vergangenheit die Zukunft. Das hängt davon ab, was man unter „bestimmen“ versteht. Ohne unabhängige Einzelteile kann im Grunde nichts das andere bestimmen. Es klebt einfach alles aneinander ohne Startpunkt und Richtung. Auch in der besagten DVD bestimmt das letzte Lied nicht das erste, genauso wenig wie das erste das letzte. Oder sie bestimmen sich gegenseitig, je nach dem was man eben unter „bestimmen“ versteht. Sie hängen halt einfach zusammen.

 

Den Begriff „Blockuniversum“ musste ich erst mal googeln. Die Auffassung erinnert mich an Steven Hawking (Buch: „kurze Geschichte der Zeit“). Ja, in materialistischer Hinsicht entspricht das Blockuniversum wohl sehr gut dem Bild einer ganzheitlichen zusammenhängenden Welt. Allerdings ist das vermutlich nur ein Teil der Wahrheit. Ich sehe den Materialismus nicht als vollständig an, da er die von uns erfahrene Welt verdreht (nicht Materie erschafft Bewusstsein, sondern Bewusstsein Materie). Aber das ist eine andere, laaaaaange Diskussion…

 

Viele liebe Grüße zurück 

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